Detlef Parr : Auch Liberale Senioren setzen auf Zukunftstechnologien

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Detlef Parr : Auch Liberale Senioren setzen auf Zukunftstechnologien

Die Energiekrise hat deutlich gemacht, dass wir die Zukunft nur ideologiefrei und mit gesundem Menschenverstand bewältigen können. Neben der Förderung der erneuerbaren Energien wird es auf Forschung und Entwicklung aller verfügbaren Energiequellen ankommen. Dazu zählen wir Liberale Senioren auch die Kernfusion. Mit Jülich verfügten wir in Deutschland einmal über ein weltweit anerkanntes Forschungszentrum, das sich besonders der Kernenergie widmete. Diesen Wissensvorsprung haben wir vorschnell verspielt. Wir unterstützen deshalb diesen Beschluss des FDP-Präsidiums.

 

BESCHLUSS

 

des Präsidiums der FDP, Berlin, 23. Januar 2023

 

Technologieoffen in die Zukunft – Ein Technologiefreiheitsprinzip gesetzlich verankern

Herausfordernde Zeiten brauchen neue Lösungen. Um aktuelle Krisen zu bewältigen und unser Land zukunftsfähig zu machen, müssen wir die vorhandenen technischen Möglichkeiten ausschöpfen und die Entwicklung neuer Technologien fördern. Für Innovationen und Fortschritt braucht es vor allem eins: Freiheit. Statt nur die Risiken zu sehen, haben wir Freie Demokraten in erster Linie die Chancen im Blick. Kreativität und Erfindergeist dürfen nicht durch politische Vorgaben oder Verbote gehemmt werden. Der Weg hin zu Fortschrittstechnologien sollte der Wissenschaft, den Forscherinnen und Forschern sowie dem technologischen Wettbewerb überlassen werden – sonst werden wir von anderen Staaten abgehängt. Deshalb wollen wir Freie Demokraten ein Technologiefreiheitsprinzip gesetzlich verankern.

Insbesondere in den folgenden Bereichen sehen wir Freie Demokraten große Chancen, die eine technologieoffene Herangehensweise kurz- und langfristig für unser Land bietet:

Kernfusion und Kernenergie der nächsten Generation – sicher und klimaneutral

In der aktuellen Energiekrise muss Deutschland alle zur Verfügung stehenden Energiekapazitäten nutzen. Zur Sicherung einer Energieversorgung, die für die Menschen bezahlbar ist und die Wettbewerbsfähigkeit unseres Wirtschaftsstandorts gewährleistet, gehört kurzfristig auch die Kernkraft. Wir Freie Demokraten sprechen uns deshalb dafür aus, eine Expertenkommission über eine Laufzeitverlängerung der drei verbliebenen deutschen Atomkraftwerke über den 15. April 2023 hinaus entscheiden zu lassen.

 

Mit Blick auf die Energieversorgung der Zukunft setzen wir uns dafür ein, die Chancen der Kernfusion in Deutschland vollumfänglich zu nutzen. Welches große Potenzial darin liegt, haben Forscherinnen und Forscher in den USA im Dezember vergangenen Jahres eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Ihnen gelang es, bei einer Kernfusion mehr Energie zu gewinnen, als hineingegeben wurde. Die Kernfusion bietet die Chance, Energie in Zukunft klimaneutral und sicher zu erzeugen – in Ergänzung zu den Erneuerbaren Energien. Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) betreibt in Garching (ASDEX Up- grade) und Greifswald (Wendelstein 7-X) weltweit herausragende Versuchsanlagen zur Entwicklung von Fusionsreaktoren. Deutschland verfügt zudem über großes Know-how in der Lasertechnik. Wir Freie Demokraten wollen gesetzgeberische Möglichkeiten für die Entwicklung der Kernfusion schaffen und die Förderung der Fusionsforschung gezielt stärken. Wir begrüßen, dass das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) eine internationale Expertengruppe eingesetzt hat, die untersucht, wie die Forschung in diesem Bereich zielgenau ausgerichtet werden kann und wie Wissenschaft, Unternehmen und Start-ups gemeinsam zu Fortschritten beitragen können. Unser Ziel muss sein: Der erste Kernfusionsreaktor, der Strom für Unternehmen und Haushalte produziert, soll in Deutschland gebaut werden.

Auch in neuen und sicheren Technologien der Kernspaltung – wie bei Small Modular Reactors (SMR) bzw. Flüssigsalzreaktoren – sehen wir Chancen. Sie könnten mittel- bis langfristig die Erneuerbaren Energien flexibel ergänzen und so eine unabhängige, verlässliche und klimafreundliche Energieversorgung in Deutschland sichern. Auch auf diesem Feld wollen wir die Rahmenbedingungen für Forschung, Entwicklung und Transfer weiter verbessern.

Heimische Gasvorkommen nutzen

Deutschland verfügt über erhebliche Gasvorkommen, die sicher gewonnen werden können. Insgesamt gibt es hierzulande mehr als 32 Milliarden Kubikmeter Erdgasreserven, die als sicher oder wahrscheinlich förderbar gelten. Zum Beispiel in der Nordsee und in Niedersachsen lagern große Mengen des Rohstoffs, die unser Land mehrere Jahre unabhängiger von Importen machen können. Dieses heimische Potenzial müssen wir nutzen und damit einen Beitrag zur Gewährleistung der Energiesicherheit sowie für bezahlbare Energie leisten. Heimisches Erdgas kann gegenüber importiertem LNG ökologische und ökonomische Vorteile haben, da die Transportwege kurz sind und es nicht mehrfach energieintensiv umgewandelt werden muss. Dort wo es sinnvoll, machbar und ökologisch vertretbar ist, sollten Erdgasvorkommen auch durch Fracking genutzt werden. Wir Freie Demokraten setzen uns für eine Aufhebung des Fracking-Verbots in Deutschland ein.

Klimaneutrale E-Fuels entwickeln

Auf dem Weg hin zur klimaneutralen Mobilität der Zukunft müssen wir uns alle Technologie-Optionen offenhalten. Das gilt auch für Innovationen für einen klimaneutralen Betrieb des Verbrennungsmotors. Aus grünem Wasserstoff erzeugte synthetische Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, können es möglich machen, auch die Bestandsflotte von Millionen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor klima- neutral zu betanken. Die EU-Kommission wird auf Hinwirken der Freien Demokraten in der Bundesregierung prüfen, ob E-Fuels für Autos auch nach 2035 zum Einsatz kommen können. Wir Freie Demokraten setzen uns dafür ein, dass der Einsatz von E-Fuels im Straßenverkehr in Deutschland vorangebracht wird.

Chancen der Biotechnologie nutzen

Die Biotechnologie bietet insbesondere im Bereich der Landwirtschaft und der Medizin große Chancen. Ein Beispiel ist die CRISPR/Cas9-Genschere. Mit diesem Verfahren können Veränderungen der DNA schnell, sicher und präzise vorgenommen werden. Dadurch werden Möglichkeiten eröffnet, beispielsweise die Resilienz von Pflanzen gegen Wetterextreme und Schädlinge zu steigern. Mit Blick auf die Folgen des Klimawandels und die Versorgungslage in Schwellen- und Entwicklungsländern bieten diese sogenannten Neuen Züchtungstechniken (NZT) die Chance, die Ernährung weltweit durch Er- tragssteigerungen zu sichern. Wir Freie Demokraten sind deshalb davon überzeugt, dass Deutschland und die EU die Forschung im Bereich der NZT stärken müssen. Dazu braucht es eine rechtliche Mo- dernisierung. Denn das CRISPR-Verfahren unterliegt derzeit noch der EU-Richtlinie für gentechnisch veränderte Organismen. Wir Freie Demokraten machen uns für eine risikoangepasste Novellierung des EU-Gentechnikrechts an den Stand der Wissenschaft stark.

Die sogenannte Genschere bietet auch im Bereich der Medizin großes Potenzial. Mit CRISPR/Cas12a2 haben Forscherinnen und Forscher eine neuartige Genschere entdeckt, die ganze Zellen ausschalten kann und damit Fortschritte bei der Krebstherapie oder der Virenbekämpfung ermöglichen könnte. Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, wollen wir in allen Anwendungsgebieten biotechnologischer Verfahren forschen und die Ergebnisse nutzen.

Moderne Klima-Technologien wie CCS auch in Deutschland nutzen

Damit wir die Klimaziele für 2030 und 2045 verlässlich und effizient erreichen, brauchen wir Technologieoffenheit. Wir Freie Demokraten wollen auf dem Weg zur Klimaneutralität auch das Potenzial moderner Klima-Technologien in Deutschland nutzen. Neben Maßnahmen im Bereich des natürlichen Klimaschutzes (insbesondere CO2-Speicherfähigkeit von Mooren und Wäldern) bieten Technlogien zur Kohlenstoffdioxidentnahme (Carbon Dioxide Removal, CDR) vielversprechende Möglichkeiten. So können beispielsweise mittels Carbon Capture and Storage-Technologien (CCS) nicht vermeid- bare Prozessemissionen in der Industrie eingefangen und anschließend unterirdisch gespeichert wer- den. CCS-Verfahren ermöglichen ebenfalls, CO2 aus der Luft zu filtern und zu binden. Deutschland muss auch auf diesem Feld die eigenen Potenziale nutzen und darf sich nicht nur auf andere Länder verlassen, wie zum Beispiel Norwegen. Wir Freie Demokraten wollen die Speicherung von CO2 im in-dustriellen Maßstab kurzfristig zulassen und sprechen uns für eine Gesetzesänderung aus. Zum Klimaschutz kann auch eine konsequente Integration negativer CO2-Emissionen in den Emissionshandel beitragen. Wir begrüßen zudem, dass das BMBF weitere Projekte im Bereich der CDR-Forschung ge-startet hat.

Deutschland als innovativen Standort für Künstliche Intelligenz stärken

Künstliche Intelligenz (KI) ist eine Schlüsseltechnologie für die digitale Transformation. Sie bietet Chancen in vielen Bereichen. So kann durch den Einsatz von KI an Schulen ein individualisiertes Ler- nen für die Schülerinnen und Schüler ermöglicht werden. In der Medizin kann Künstliche Intelligenz zur Früherkennung von Krebserkrankungen beitragen. Und im Bereich der Mobilität sind KI-basierte Anwendungen zentral für das autonome Fahren oder eine intelligente Verkehrssteuerung. Deshalb begrüßen wir es, dass das Bundesministerium für Digitales und Verkehr mit der Innovationsoffensive Künstliche Intelligenz in der Mobilität die Nutzung von KI fördert und dabei hilft, Forschungseinrich- tungen, Unternehmen und Start-ups zu vernetzen. Bei den digitalen Schlüsseltechnologien muss Deutschland in enger Kooperation mit seinen Wertepartnern technologische Souveränität erlangen. Von Staaten wie China dürfen wir uns nicht abhängig machen. Wir Freie Demokraten setzen uns des- halb dafür ein, dass Deutschland als innovativer KI-Standort gestärkt wird. Dazu gehört auch, dass die Verfügbarkeit und Nutzbarkeit von Daten verbessert wird. Wir begrüßen, dass das BMBF die Förde- rung der KI-Kompetenzzentren an Hochschulen verstetigt hat. Damit werden langfristige, komplexere Forschungsprojekte unterstützt und die Attraktivität des KI-Standorts Deutschland im Wettbewerb um die klügsten Köpfe gestärkt. In diesem Geist machen wir uns auch in der EU systematisch für eine innovationsfreundliche KI-Verordnung stark. Die KI-Regulierung darf keine prohibitive Wirkung ent- falten, sondern muss so ausgestaltet sein, dass sich der Markt für KI-Lösungen auf der Grundlage un- serer Wertvorstellungen entwickelt. Die Frage der Transparenz muss hierbei im Vordergrund stehen und alles aus der Perspektive der Anwenderinnen und Anwender her gedacht werden. Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, setzen wir uns dafür ein, dass Experimentierräume geschaffen werden, in denen innovative Technologien, Dienstleistungen oder Geschäftsmodelle unter realen Bedingungen erprobt werden können. Ausgewählte Standorte wollen wir als Leuchttürme mit eigenen inhaltlichen

Schwerpunkten zu international herausragenden Forschungs- und Transferregionen entwickeln. Wir Freie Demokraten sind davon überzeugt, dass Spitzenforschung und technische Innovationen Frei- räume brauchen. Wo es notwendig ist, sollen rechtliche Handlungsspielräume sowohl national als auch auf europäischer Ebene ausgeweitet werden.